In unserer Reihe zu „Arbeiten und Menschen auf den Härten“ schauen wir hinter die Kulissen und blicken ein wenig in das Leben von Unternehmen und Menschen auf den Härten. Wir sprachen mit Rebecca Kawasch-Stock von Kawasch Dienstleistungen. Das Unternehmen ist ansässig im interkommunalen Gewerbegebiet Mark West von Reutlingen und Kusterdingen.
Steckbrief:
Rebecca Kawasch-Stock (auf dem Bild zweite von rechts)
35 Jahre,
Verheiratet, 2 Kinder
Beruf: Abgeschlossenes BWL-Studium mit Schwerpunkt Marketing und Unternehmensführung, aktuell Kaufmännische Leitung bei der Kawasch Dienstleistungen GmbH.
http://www.kawasch.de
Rebecca Kawasch-Stock leitet seit sechs Jahren den kaufmännischen Bereich von Kawasch Dienstleistungen und ist zusammen mit ihrer Schwester Aspirantin auf die Unternehmensnachfolge. Sie kümmert sich um reibungslose innerbetriebliche Prozesse. Auch ist sie für Marketing und die Außendarstellung des Unternehmens verantwortlich. Vater und Mutter Kawasch wohnen in Mähringen.
Unsere Härten: Sie waren 24 Jahre alt, als Sie in das Unternehmen Ihrer Eltern eingestiegen sind. Wie war das?
Rebecca Kawasch-Stock: Los ging es im Unternehmen unmittelbar nach dem Studium. Während des Studiums habe ich überall mal reingeschnuppert, so zum Beispiel im Rahmen eines Praktikums bei Hugo Boss in New York oder im Hotelbereich gearbeitet. Am Ende des Tages habe ich dann aber entschieden, wenn ich schon über 100 % gehe und mich sozusagen aufopfere, dann tue ich das am besten in meinem „eigenen“ Betrieb. Zu Beginn im Unternehmen ging es dann wie bei einem Trainee Programm durch das komplette Unternehmen. Ich bin in der Folge Stück für Stück in die kaufmännische Leitung reingewachsen. Also alles ziemlich normal.
Welche Ausbildung haben sie genossen, bevor Sie die Geschicke im Unternehmen übernommen haben?
Zuerst Abitur und im Anschluss Betriebswirtschaft an der Fachhochschule mit Schwerpunkt Unternehmensführung und Marketing. Fachhochschule habe ich bewusst ausgewählt, um den Praxisbezug zu haben.
Wie waren die Anfänge von Kawasch?
Dass es die Gebäudereinigung wurde, war eher Zufall. Mein Vater hatte nämlich nebenher in einem Aushilfsjob gereinigt. Einer der Kunden hat meinen Vater dann darauf angesprochen, ob er dies nicht auch in Eigenregie machen wolle, denn er habe das Zeug dazu. Gesagt, getan. Also gründete mein Vater zusammen mit meiner Mutter und seiner Schwester das Unternehmen. Der erste große Kunde war dann die Deutsche Bank. Von da an ging es steil bergauf. Mitarbeiter aufbauen, die Frage nach einem Büro stand im Raum. Das erste Büro war übrigens im Keller unseres Hauses. Besonders imponierend war, wie vor allem mein Vater dafür 100% lebte. Man Aber auch meine Mutter und anfangs seine Schwester waren rund um die Uhr unterwegs, um zu arbeiten, arbeiten, arbeiten. Das Ganze gepaart mit dem richtigen Näschen für gewisse Leistungen im Reinigungssektor, die eventuell gefragt sein könnten. Den Servicegedanken hatte er schon immer.
Gebäudereinigung an und für sich. Was ist das?
Den Ursprung hat die Gebäudereinigung in der klassischen Fenster- und Glasreinigung, dies reicht sogar bis ins 17. Jahrhundert zurück. Nach dem dreißigjährigen Krieg zogen dann die sogenannten „Wand- und Wagenwäscher mit Bürsten, Besen sowie Leitern und Kübeln bepackt in die Städte, um Fassaden zu reinigen“, so laut Wikipedia. Nur wenige wissen, dass der Beruf des Gebäudereinigers als Handwerksberuf bereits seit 1934 staatlich anerkannt ist und seitdem Gebäudereiniger und Meister ausbildet.
Heute verbirgt sich hinter der Gebäudereinigung – außer der klassischen Unterhalts- bzw. Büroreinigung – ein sehr weites Leistungsportfolio das extrem facettenreich ist. Einen großen Teil davon decken wir natürlich ab. Unter anderem die Schädlingsbekämpfung, ebenso Taubenabwehrmaßnahmen, Reinigungen von Zu- und Abluftanlagen auch im privaten Sektor, Industrie- und Maschinenreinigung. In jüngster Zeit verstärkt auch das Entfernen von Graffiti.
Das ist ja ein breites Anwendungsgebiet. Wenn Sie so toll aufgestellt sind, haben Sie da überhaupt noch Wettbewerb in der Region?
Der Markt der Gebäudereinigung ist gesättigt. Eine besondere Herausforderung in unserer Branche sind daher verstärkt Dumping-Preise. Man verpackt das dann immer schön in Worte wie ‚der wirtschaftlichste Dienstleister wird genommen‘.
Was versteht man darunter? So ist bedauerlicherweise der Meistertitel nicht mehr Voraussetzung für die Selbstständigkeit. Dadurch kommt es zu Unternehmen im Reinigungssektor, wo das fachliche Wissen bzw. dass wirtschaftliche Wissen fehlt. Fast wöchentlich sehe ich neue Fahrzeuge. Um in den Markt zu kommen, bieten diese zu Dumping-Preisen an. Da können und wollen wir bewusst nicht mithalten. Nach ein paar Jahren ist der eine oder andere dann wieder weg. Ein aktuelles Thema bei uns.
Wie kam es eigentlich zum Namen Kawasch?
Dies ist eher ein lustiger und passender Zufall, dass im Namen Kawasch ein „wasch, wie waschen“ enthalten ist. Kawasch ist unser Familienname und hat seine Wurzeln aus dem ungarisch/ kroatischen. Man schrieb den Namen früher Kavaš, mein Vater hat diesen schließlich eindeutschen lassen und raus kam Kawasch.
Gibt es aktuell besondere Herausforderungen? Wie wirkt sich die Corona-Krise auf Kawasch aus und wie gehen Sie damit um?
Corona war eher eine kleine Herausforderung. Wir haben viel durch unser breites Leistungsspektrum auffangen können. Teilweise sind Leistungen z.B. im Bereich der Unterhaltsreinigung weggefallen. Auf der anderen Seite kamen Dienstleistungen wie zusätzliche Desinfektionsmaßnahmen hinzu. Besonders die Ausweitung der Reinigung auf raumlufttechnische Anlagen hat uns geholfen.
Eine aktuelle Herausforderung ist nach wie vor die Digitalisierung. Das fängt schon in unserem Industriegebiet an. Da haben wir immer noch keine Glasfaser-Infrastruktur, Home-Office ist nur unter erschwerten Bedingungen bzw. gar nicht möglich. Unsere Vision von Kawasch digital: mit einem Tablet beim Kunden, alle Formulare und Daten vor Ort zur Verfügung haben und im System zurückmelden können. Das macht die Arbeiten für den Kunden transparent.
Kawasch sagt, dass die Kunden und die Mitarbeiter im Mittelpunkt stehen. Bis hin zu Olivenöl.
Dass die MitarbeiterInnen bei uns im Mittelpunkt stehen, ergibt sich von selbst: Man- und Womanpower sind ja Grundvoraussetzung, um diese Dienstleistung zu erbringen. Sie sollten unsere Mitarbeiter*innen fragen, die schon 30 Jahre bei uns sind. Für den Kunden geht es uns darum, ihm das Gefühl zu vermitteln: dein Gebäude ist uns wichtig und wir wollen den Wert erhalten. Das Ziel ist Kontinuität in der Beziehung. Das schließt auch besondere Einsätze mit ein. Sturmschaden am Wochenende? Wir packen unsere Sachen und rücken an. Und an Weihnachten gibt es von uns in Kroatien erzeugtes Olivenöl für unsere Kunden.
Sie sind ISO 9001 zertifiziert. Warum ist Ihnen das wichtig?
Es gibt immer wieder Ausschreibungen, wo die Teilnahme diese Zertifizierung erfordert. Also haben wir uns dazu entschlossen. Es ist zwar ein bürokratischer Moloch, es hilft aber auch Abläufe und Prozesse zu verbessern, z.B. wie erstellt man Arbeitsanweisungen, wie dokumentiere ich korrekt, wie manage ich mein Wissen. Hat uns unter dem Strich geholfen.
Umweltschutz. Sie sind auch mit der Umweltnorm ISO 14001zertifiziert.
ISO 14001 ist der Rahmen. Umweltschutz praktizieren wir an unterschiedlichen Stellen. Durch die Chemikalien, Öle, die in der Reinigung gebraucht werden, haben wir auch entsprechende Abfälle sowie Verschmutzungen an den Reinigungs-geräten. Auf unserer Waschplattform haben wir dafür einen Ölabscheider, sodass bestimmte Stoffe nicht in die Kanalisation gelangen. Beim Fuhrpark ist CO² Ausstoß ein wichtiges Kriterium. Plastikmüllkanister werden bei uns eingesammelt und gehen an die Lieferanten zurück. Auf dem Bürogebäude ist eine PV-Anlage.
Was haben Sie speziell von Ihren Eltern lernen können?
Salopp und kurz gesagt: Ohne Fleiß, kein Preis. Dass man um seine Ziele kämpfen muss und ja, vor allen Dingen daran glauben muss. Auch dass Arbeit nicht eine Last sein sollte, sondern Freude bringt. Wenn man am Ende ein Ergebnis hat, dann ist es auch was Schönes. Mein Vater versucht immer, das Positive zu sehen. Und dadurch gibt es für ihn immer eine Lösung. Auch möchte ich erwähnen, dass der familiäre Zusammenhalt – und hier meine Mutter – grundlegende Voraussetzung für den Erfolg ist.
Was treibt Sie als Unternehmerin an?
Ehrlich: Bisweilen ist man auch getrieben. Diese Angst oder besser dieser Respekt so etwas voranzutreiben und weiterzuentwickeln, schlummert stets im Unterbewusstsein. Das ist allgegenwärtig. Z.B. dass die Mitarbeiter pünktlich ihre Gehälter kriegen. Unternehmerin? Natürlich sind das auch monetäre Gründe. Aber mindestens genauso wichtig, wenn nicht sogar wichtiger für mich, dieses Familienerbe weiterleben lassen zu können. Als Unternehmerin liebe ich auch Projekte ins Leben rufen zu können und sehen zu können, wie diese Projekte zu einem Ergebnis führen.
Anderes Thema. Sie sind in einem katholischen Elternhaus aufgewaschen. Hat das Ihr Leben beeinflusst und bedeutet das heute noch etwas für Sie?
Für mich ist der wichtigste Aspekt, dass man im Leben etwas haben sollte, an das man glaubt, an dem man sich festhalten kann. Ich habe meine beiden Kinder auch taufen lassen. Jeder muss das aber für sich selbst entscheiden.
Der Unternehmenssitz ist in Reutlingen. Sie leben auf den Härten. Was gefällt Ihnen an den Härten?
Ein großer Aspekt ist die Verbundenheit zur Natur und gleichzeitig eine schnelle Anbindung in die Städte. Für mich persönlich auch die regionalen Produkte. Zu wissen woher mein Essen kommt. Ich kann mir nicht vorstellen, meine Kinder in der Stadt groß zu ziehen.
Was sind Ihre nächsten Ziele und Meilensteine?
Ein zentrales Thema ist, zusammen mit meiner Schwester Jessica in den nächsten drei Jahren die Führung des Unternehmens vollständig zu übernehmen. Die Tradition fortführen. Das ist uns wichtig. Weitere Ziele: neue Dienstleistungen entwickeln bzw. weiterentwickeln wie z.B. das Thema Schädlingsbekämpfung. Die Reinigung von raumlufttechnischen Anlagen ist ein weiteres Topic. Es geht darum, dem Kunden möglichst viel aus einer Hand anbieten zu können, einen direkten Ansprechpartner für verschiedene Themen zu haben. Auch das Berufsbild des Reinigungsspezialisten für die Berufsanfänger attraktiver gestalten und das Image verbessern. Der Beruf des Gebäudereinigers ist unglaublich abwechslungsreich und bietet jede Menge spannende Einblicke in unterschiedlichste Bereiche. Vor allem ist es ein beruf in dem man es relativ schnell sehr weit bringen kann. Auf diesen Feldern sehen wir aktuell unsere Schwerpunkte für die Zukunft und freuen uns sehr darauf diese gemeinsam angehen zu können.
Liebe Frau Kawasch-Stock, Danke für dieses engagierte und auch persönliche Gespräch.
Das Interview führte Rainer Degen.