Klimaschutz bewegt derzeit alle, auch die Gewerbetreibenden auf den Härten. Als Unternehmer hat man Verantwortung für sein Unternehmen und dazu gehört natürlich auch ein effizienter Ressourceneinsatz. Steigende Energiekosten in den letzten Jahren tun ihr Übriges, dass nun vermehrt Projekte zur Eigenversorgung mit PV-Strom umgesetzt werden.

Von Basti Koch und Dr. Christof Ernst

Typische Gewerbeimmobilien haben dafür sehr gute Voraussetzungen

Es gibt regelmäßig einen hohen Energiebedarf auf dem Grundstück, meist ist die Dachform flach oder nur leicht geneigt. In der Regel braucht es auch keine Genehmigung für die PV-Anlage auf dem Dach. Eine hohe Eigenversorgung mit Strom hilft dabei, die Energiekosten kalkulierbar zu halten, äußere Einflüsse wie die Preise für fossile Energieträger und CO2-Emissionen wirken sich dadurch nicht mehr so stark aus. Das kann dabei helfen, die variablen Kosten zu senken.

Die Gebäude sind zudem oft in Leichtbau errichtet und weisen ungewollt hohe Temperaturen im Sommer auf. Im Sommer wirken PV-Module wie ein Sonnenschutz, der einen Teil der Sonneneinstrahlung auf das Dach reflektiert oder in Wärme umwandelt, die aufgrund der Thermik dann aber im Außenbereich verbleibt und die Temperatur im Gebäudeinneren nicht weiter erhöht.

Das Unternehmen HAKO Lehrmittel von Basti Koch aus dem Gewerbegebiet Helleräcker in Wankheim lässt gerade in Kooperation mit der EENA prüfen, ob das Gebäude für eine PV-Anlage geeignet ist und die betriebswirtschaftliche Kalkulation für die EENA attraktiv ist. Die eingetragene Genossenschaft ErneuerbareEnergien Neckar-Alb (EENA) hat ihren Sitz in Reutlingen und sich zum Ziel gesetzt, die Energiewende in unserer Region zu befördern.*

Dazu bietet die Genossenschaft, die sich auf ehrenamtliche Helfer stützt, sowohl Beratung als auch die praktische Umsetzung von Projekten und den Betrieb von Anlagen für erneuerbare Energie (vornehmlich PV-Anlagen) an. Interessant sind in der Regel Dachflächen, die mindestens 100 kWh Spitzenleistung erbringen, also eher größere Dächer (das entspricht etwa 500 qm Dachfläche). Bei einem hohen Eigenverbrauch sind für die EENA bereits Projekte ab 50 kWp (also etwa 250 qm Dachfläche) interessant. Die Projekte werden aus Einlagen der Genossen finanziert. Sie müssen sich daher wirtschaftlich rechnen, denn die Einlagen der Genossen sollen fair verzinst werden.

So bietet die EENA den Interessenten Betriebsmodelle an, die an den jeweiligen Einzelfall angepasst sind. Der Interessent bringt dabei seine verfügbare Dachfläche ein und die EENA das Betriebsmodell. Beispielsweise ist der Betrieb der Anlage gegen eine kleine Pacht für den Besitzer des Daches oder gegen einen günstigen Strombezug für den Dachbesitzer möglich. Es gibt darüber hinaus auch die Möglichkeit, die Anlage nach einer vorab festgelegten Zeit zu übernehmen. Den Dachbesitzern kommt insbesondere die große Erfahrung der EENA bei der Auslegung und beim Betrieb der Anlage zugute. Für Gewerbetreibende gibt es dazu die Möglichkeit, die eigene Liquidität zu schonen. So können sich Gewerbetreibende auf die eigenen Stärken konzentrieren, und müssen sich nicht um die PV-Anlage kümmern.

  • Projekte, bei denen der Eigenbedarf des Objektbesitzers oder von direkt anliegenden Nachbarn hoch ist, sind regelmäßig gut umsetzbar.
  • Projekte, bei denen der Eigenverbrauch oder in der direkten Umgebung gering ist, leiden momentan unter der geringen verbliebenen Einspeisevergütung. Die geringe Einspeisevergütung für ins Netz eingespeiste Überschüsse führt dazu, dass in manchen Fällen die Anlage nur auf Teilflächen des Daches wirtschaftlich ist oder die EENA kein wirtschaftlich sinnvolles Angebot abgeben kann.

Die Idee hinter EENA hat Bastian Koch überzeugt, der mit der EENA über eine PV-Anlage für seinen Gewerbebetrieb im Wankheimer Helleräcker (https://hako-lehrmittel.de) gesprochen hat. Dazu gab es zunächst einen Besichtigungstermin im September, bei dem erfasst wurde, wie groß das Dach und die Fassadenflächen sind, welche Neigung diese haben und wo bereits Elektroinstallationen vorhanden sind.

Die vorgefundene Infrastruktur ist nahezu perfekt

Das Dach kann die neue Last problemlos tragen, Stromtrassen sind vorhanden und die Kabel können auf kurzem Wege zur Verteilerkasten im Keller geführt werden.

Der Verteilerkasten hat noch genügend Plätze für Stromzähler frei.

Der Vorschlag war, dass die EENA die Anlage auf dem Dach errichtet, sich um den reibungslosen Betrieb kümmert und das Unternehmen von Herrn Koch günstigeren Strom daraus beziehen kann. Eigentlich eine Win-Win-Situation.

Die auf den ersten Blick überraschende Erkenntnis ist jedoch, dass die betriebswirtschaftliche Kalkulation in diesem Einzelfall unter den derzeitigen Strompreisen und Einspeisevergütungen negativ ausfällt!

Hier die Hintergründe: Auf der Dachfläche wäre eine Gesamtleistung von 78 kWp möglich, das entspricht einer typischen Leistung von ca. 10 Einfamilienhaus-Dächern. Das Unternehmen würde davon jedoch nur etwa 15-20% selbst verbrauchen und dabei Strombezugskosten von etwa 22 Cent pro kWh vermeiden. Für den überschüssigen Strom, der ins Netz eingespeist wird, bezahlt der Netzbetreiber jedoch nur knapp 6 Cent pro kWh. Die Betrieb und Abschreibung der Anlage über 20 Jahre führen aber zu Gestehungskosten pro kWh, die die geringen Erträge aus dem Einspeisen des überschüssigen Stroms übersteigen. Die Anlage ist aus Sicht der EENA unter diesen momentanen Bedingungen (derzeitige Vergütung aufgrund EEG) und bei dem in diesem Beispiel geringen Anteil des Eigenverbrauchs leider unwirtschaftlich.

Ein wesentlicher Grund dafür ist die niedrige EEG-Einspeisevergütung

Die Einspeisevergütung liegt in letzter Zeit bereits unter dem Spot-Strompreis an der Strombörse. Der Marktwert an der Strombörse lag seit Juni über dem Wert der EEG-Einspeisevergütung. Ein Artikel in den VDI Nachrichten beschreibt die Hintergründe, der Bundesverband Solarwirtschaft (BSW) und der Bundesverband mittelständische Wirtschaft (BVMW) schlagen daher eine höhere Einspeisevergütung vor.

Das Ergebnis ist aus unserer Sicht nicht zufriedenstellend. Besser geeignete Flächen wie die auf bereits vorhandenen Dächern von Gewerbeimmobilien, die zu keinem zusätzlichen Flächenverbrauch führen und die in der Nähe von größeren Stromverbrauchern liegen, sind kaum vorstellbar.

Der Koalitionsvertrag der zukünftigen Ampel-Koalition sieht vor, Hürden und Hemmnisse für den Ausbau erneuerbarer Energien zu beseitigen und verspricht, Vorschläge noch im ersten Halbjahr 2022 vorzulegen. Unter anderem werden die Anpassung von Vergütungssätzen (S. 56) und Instrumente für den förderfreien Zubau genannt.

Auch aus unserer Sicht sollte sich der Absatzpreis für eingespeisten Strom am Marktpreis orientieren. Stromerzeugung und -verbrauch sollten dazu auf Basis einer digitalen Erzeugungs- und Verbrauchsmessung bepreist werden mittels zeitabhängigen Strompreisen, sie sich vom Strommarkt ableiten. Ist der Strompreis zeitweise niedrig, könnten Verbraucher (z.B. Wärmepumpen) dazugeschaltet oder Strom eingespeichert werden, ist der Preis dagegen hoch, kann weiterer Strom eingespeist werden. Somit könnten sich auch weitergehende Investitionen in Speichertechnologien amortisieren. Beispielsweise kann dann ein Speicher wirtschaftlich genutzt werden, um überschüssigen Strom in einer Niedrigpreisphase (z.B. bei sonnigem Wetter am Mittag) einzuspeichern und erst wieder in einer Hochpreisphase (z.B. in der Nacht oder später am Tag) abzugeben.

HAKO Lehrmittel prüft nun, welche weiteren Möglichkeiten es gibt, doch noch eine PV-Anlage zu installieren

  • Mit eigenen Mitteln in eine kleinere Anlage zu investieren, die besser zum eigenen Stromverbrauch passt oder
  • die große Anlage doch zu realisieren und weitere Stromverbraucher zu suchen. Denkbar wäre der Ersatz von Fahrzeugen durch E-Fahrzeuge, oder Parkplätze mit Stromladesäule für E-Autos von Mitbürgern (die keinen eigenen Ladeplatz haben). Direkt neben dem Gebäude befidet sich eine Bushaltestelle. Wenn das Bürgerauto der Gemeinde ein E-Auto wäre, könnte es dort beispielsweise einen Parkplatz finden.

Zunächst einmal soll aber der Bau der großen Anlage gemeinsam mit der EENA weiter verfolgt werden, denn das Angebot hat Herrn Koch grundsätzlich überzeugt.

Er empfiehlt auch anderen Gewerbetreibenden, Kontakt zu EENA aufzunehmen und sich beraten zu lassen.*

Beide beobachten nun zunächst gespannt, wie sich die politischen Rahmenbedingungen in den kommenden Wochen verändern werden und ob die Konditionen dadurch tatsächlich attraktiver werden. Die Erwartungen an die neue Regierung sind groß!

* Die EENA ist natürlich nicht der einzige Anbieter von Betriebsmodellen für PV-Anlagen, allerdings aufgrund des regionalen Bezugs und der bereits zusammen mit der Gemeinde umgesetzten Projekte als Beispiel naheliegend. Wer sich über weitere Anbieter am Markt informieren möchte, kann dies z.B. auf Seite des Bundesverband Solarwirtschaft e.V. tun (Link zu Mitgliederliste)